Wahnsinn an der Alten Försterei: Union Berlin steht in der Nachspielzeit auf dem Relegationsplatz, dann gibt es einen zweiten Elfmeter gegen den SC Freiburg. Auch der wird verschossen, der Abpraller aber sitzt. Berlin ist gerettet, ebenso wie Mainz 05. Der 1. FC Köln steigt direkt ab, die erschreckend schwachen Bochumer müssen in die Relegation.
Union Berlin - SC Freiburg 2:1 (0:0)
Erst gezittert, dann gerettet: Union Berlin hat am Ende einer historischen Saison den Abstieg aus der Fußball-Bundesliga verhindert. Die Köpenicker gewannen am letzten Spieltag gegen den SC Freiburg dramatisch mit 2:1 (0:0) und ersparten sich auch dank Schützenhilfe die drohende Relegation. Freiburg verpasste beim emotionalen Abschied von Trainer-Unikat Christian Streich die erhoffte Qualifikation für den Europapokal. Auch die Play-offs zur Conference League sind nicht mehr möglich. Benedict Hollerbach (68.) brachte Union zunächst per Traumtor in Führung, Freiburgs Ritsu Doan (85.) glich aus. Doch Janik Haberer (90.+3) erlöste die Berliner in der Nachspielzeit.
Streich trat am Samstag nach zwölf Jahren von der Bundesliga-Bühne ab. Der 58-Jährige, der als Coach überzeugte und abseits des Platzes stets Haltung zeigte, wurde im ausverkauften Stadion An der Alten Försterei auch von den Unionern mit Applaus und "Fußballgott"-Rufen empfangen. Streich wurde von seinen Gefühlen übermannt. Er sei "seit Wochen von unzähligen Menschen umgeben, die mir sehr viel entgegen bringen. Das ist sehr berührend", hatte Streich vor dem Anpfiff am Sky-Mikrofon gesagt. Ihm schossen Tränen in die Augen.
Streich, der gewohnt leidenschaftlich coachte, sah seine Mannschaft zunächst in der Defensive. Die Berliner traten selbstbewusst auf und kamen durch Yorbe Vertessen (4.) früh zu einem ersten Abschluss. Nach anfänglichen Problemen übernahm der SC aber zunehmend die Spielkontrolle und hatte durch Maximilian Eggestein (10.) und Roland Sallai (18.) Möglichkeiten. Union lauerte auf Konter. Besonders aktiv waren die Berliner dabei über den rechten Flügel um Kapitän Christopher Trimmel, der unter der Woche seinen Vertrag abermals verlängert hatte.
Dem Klassenerhalt einen großen Schritt näher schien Union, als Schiedsrichter Christian Dingert nach Videobeweis auf Handelfmeter entschied. Freiburgs Jordy Makengo hatte den Ball an den Arm bekommen. Josip Juranovic scheiterte jedoch am starken SC-Torhüter Noah Atubolu (38.). Die Begegnung blieb auch nach dem Seitenwechsel offen und umkämpft. Ins letzte Drittel stießen die Teams aber selten vor. Dann versuchte es der eingewechselte Hollerbach aus der Distanz - und ließ Union jubeln. Doch Doans später Ausgleich sorgte kurz für Ernüchterung, ehe Haberer das Stadion zum Kochen brachte. Er verwandelte den Nachschuss nach einem erneut vergebenen Elfmeter der Unioner. Kevin Volland hatte den Pfosten getroffen.
Werder Bremen - VfL Bochum 4:1 (1:0)
Gewackelt, gezittert - nicht gerettet: Der VfL Bochum muss in die Relegation. Die Mannschaft von Trainer Heiko Butscher verlor ihr letztes Saisonspiel mit 1:4 (0:1) bei Werder Bremen - und muss das Schlimmste befürchten. Durch den späten Sieg von Union Berlin im Parallelspiel gegen den SC Freiburg (2:1) rutschte der VfL im letzten Moment noch auf Platz 16 ab, in der Relegation droht den Bochumern nun gegen Fortuna Düsseldorf der Abstieg nach drei Jahren in der 1. Liga.
Bremens klitzekleine Europacup-Hoffnungen erfüllten sich derweil nicht. Zwar feierte das Team von Coach Ole Werner einen versöhnlichen Saisonabschluss. Rang acht, der unter Umständen zur Qualifikation für die Play-offs der Conference League reicht, blieb durch die Ergebnisse auf den anderen Plätzen aber unerreichbar. Die Treffer erzielten am Samstagnachmittag Werder-Kapitän Marco Friedl (6.), Anthony Jung (78.), Jens Stage (80.) und Romano Schmid (88.). Bochum verkürzte durch Christopher Antwi-Adjei (85.).
Bochum startete als Tabellen-14. mit einer vergleichsweise komfortablen Ausgangsposition ins Bundesliga-Finale. Ein Unentschieden, so viel stand vor der Partie fest, würde definitiv zur Rettung reichen. "Natürlich" werde sein Team aber "auf Sieg spielen", beteuerte Butscher. Davon war vor 42.100 Zuschauern im Weserstadion zunächst allerdings wenig zu sehen. In der ersten halben Stunde stürmte nur Werder. Auch nach der verdienten Führung, die Friedl nach für ihn persönlich 107 torlosen Bundesliga-Partien aus kurzer Distanz nach einem Eckball fabrizierte, bestimmten die Bremer Spieltempo und -rhythmus - und hätten zur Pause eigentlich höher führen müssen.
Einzig der grün-weißen Schludrigkeit im Abschluss war es zu verdanken, dass Bochum in Schlagdistanz blieb. Die größte Möglichkeit von etlichen vergab Marvin Ducksch, als er im Eins-gegen-Eins völlig frei am glänzend parierenden VfL-Keeper Manuel Riemann scheiterte (26.). Der agile Romano Schmid ließ mit einem satten Schuss aus elf Metern die Querlatte erzittern (34.). Und Bochum? Die Butscher-Elf strahlte lange Zeit kaum Torgefahr aus - hätte kurz vor der Halbzeit aber dennoch beinahe ausgeglichen. Kevin Stöger zirkelte einen Freistoß von der Strafraumgrenze nur Zentimeter drüber.
VfL Wolfsburg - FSV Mainz 05 1:3 (1:1)
Karnevalsparty im Mai: Der FSV Mainz 05 hat sich am letzten Spieltag gerettet und geht damit in seine 16. Saison in Serie auf der ganz großen Fußball-Bühne. Die Mannschaft von Trainerheld Bo Henriksen beseitigte im Fernduell mit Union Berlin durch ein nervenaufreibendes 3:1 (1:1) beim VfL Wolfsburg alle Zweifel am Klassenerhalt und ließ sich anschließend von den mitgereisten Fans feiern. Brajan Gruda (24.), Sepp van den Berg (72.) und Jonathan Burkhardt (85.) trafen zum Abschluss einer wilden Saison für die Mainzer, das Tor von Kevin Paredes (18.) war für Wolfsburg zu wenig. "Wir waren so was von weg", sagte Sportvorstand Christian Heidel am Sky-Mikrofon. Sportdirektor Martin Schmidt ergänzte: "Es ist unglaublich, was der Fußball für Geschichten schreibt. Die letzten 13 Spiele mit Bo spielen wir eine Runde wie ein Europapokalanwärter."
Eigentlich schien Mainz im Winter schon mausetot zu sein, doch Henriksen hat die "Nullfünfer" als Nachfolger von Bo Svensson mit nun neun Spielen in Serie ohne Niederlage eindrucksvoll wiederbelebt. Pünktlich zum letzten Spieltag hatten sie nicht mehr auf einem der letzten drei Plätze gestanden, erst zum dritten Mal in dieser Saison - und nun haben sie den Matchball auch verwandelt. "Wir wollen es selbst regeln", hatte Henriksen vor der Partie gesagt - doch Mainz begann zunächst ziemlich nervös und unsicher. Erst nach dem frühen Gegentreffer kämpften sie sich besser in die Partie, nach einem Ballverlust von Lovro Majer schalteten die Gäste dann konsequent und schnell um - der Ausgleich von Gruda war zu diesem Zeitpunkt dennoch schmeichelhaft. Aber noch vor der Pause kam Mainz zu weiteren guten Chancen, während die Wölfe etwas nachließen.
FSV MainzTrainer-Bilanzen
Nach der Pause nahm die Spannung in Wolfsburg von Minute zu Minute zu, Mainz wollte ja keinen möglicherweise verheerenden Fehler machen. An der Seitenlinie tigerte Henriksen immer wieder nervös durch seine Coachingzone, während von den Fans aufmunternde Gesänge durch die Arena hallten. Doch die Initiative lag meist bei den Wölfen, Mainz ließ sich immer wieder in die Defensive drängen. Plötzlich war Mainz dann aber fast aus dem Nichts zur Stelle, van den Berg scheiterte zunächst per Kopf, verwandelte dann aber den Abpraller - und ließ die Fans so eskalieren. Burkhardt beseitigte alle Zweifel.
1. FC Heidenheim - 1. FC Köln 4:1 (3:0)
Der 1. FC Köln ist zum siebten Mal aus der Bundesliga abgestiegen. Nach dem 1:4 bei Aufsteiger 1. FC Heidenheim beenden die Kölner die Saison als 17. und begleiten Darmstadt 98 in die 2. Liga. Nach dem 3:2 in der Vorwoche gegen Union Berlin hatten die Kölner vor dem Saisonfinale doch noch einmal auf die Relegation hoffen dürfen, doch daraus wurde nichts. "Wir sind Kölner und ihr nicht", skandierten die enttäuschten Anhänger wütend, als sich die Spieler 20 Meter von ihnen entfernt aufstellten.
"Es ist schwer, die richtigen Worte zu finden. Ich will nicht ausfallend werden, aber in der ersten Halbzeit haben wir es uns komplett kaputt gemacht", sagte Torhüter Marvin Schwäbe bei Sky: "Wir müssen jetzt sehen, wer den Weg mitgeht und wer nicht." Ähnlich reagierte Mark Uth: "Wir haben in der ersten Halbzeit keinen einzigen Zweikampf geführt. Das geht einfach nicht."
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Die Kölner waren nach Gründung der Bundesliga 1963 deren erster Meister. Nach dem Hamburger SV hielten sie sich vom Start weg am längsten am Stück in der 1. Liga. Mit dem ersten Abstieg 1998 wurde der FC aber zur Fahrstuhlmannschaft. In den Jahren 2002, 2004 und 2006, 2012 und 2018 folgten weitere Abstiege. Zwischendurch spielten die Kölner in den Spielzeiten 2017/18 und 2022/23 sogar im Europacup.
Für den aktuellen Abstieg gibt es viele Gründe, darunter die ablösefreien Verluste der besten Spieler Jonas Hector und Ellyes Skhiri vor der Saison. Dazu kam eine unglückliche Transferpolitik im Sommer, die durch die FIFA-Transfersperre im Winter nicht korrigiert werden konnte. Und vor allem die offensive Harmlosigkeit, auch begründet in vielen Verletzungen von Stürmern. Nach den bisherigen Abstiegen kam der FC, der zumindest finanziell etwas konsolidiert ist, viermal direkt im ersten und zweimal im zweiten Jahr zurück. Da die Transfersperre aber auch im Sommer gilt und die Kölner somit keine Spieler kaufen, sondern nur verliehene zurückholen können, wird die Rückkehr diesmal wohl schwer wie nie.